Digitalisierung in Bremer Schulen vorantreiben
Bremen ist Digitalisierungs-Spitzenreiter: alle Schulen sind ans Glasfasernetz angeschlossen und wesentliche Bereiche der Schulen sind mit WLAN ausgeleuchtet, alle Lehrkräfte und Schüler:innen sind mit iPads ausgestattet, diese gehören inzwischen zur Lehr- und Lernmittelfreiheit, und mit itslearning wurde längst vor der Corona-Pandemie ein zentrales Lern-Managementsystem eingeführt – auch hier war Bremen Vorreiter. Bremen muss nun den eingeschlagenen Weg fortsetzen und die Schulen, alle Schüler:innen sowie die Beschäftigten an Schulen auf dem Weg in die Digitalität bestmöglich unterstützen und entlasten.
Zur Entlastung und Unterstützung unserer Lehrkräfte ist es unbedingt erforderlich, die Beschaffung, den Support und die Wartung der schulischen IT-Infrastruktur durch eine Aufstockung des entsprechenden Personals an den Schulen sicherzustellen, beispielsweise auch durch studentische Beschäftigte. Medienbrüche – der Übertrag von Informationen auf Papier in digitale Daten und umgekehrt – sind zu reduzieren. Lehr- und Lernmittelzuweisungen der Schulen müssen neu aufgestellt und digitale Softwarelizenzen landesweit bereitgestellt werden, damit Schüler:innen künftig nicht nur parallel analoge und digitale Lehrwerke nutzen, sondern Schulen für sich auch passgenaue digitale Lehr- und Lernwerkzeuge auswählen können. Damit können etwa Unterrichtsaufgaben individuell besser auf Lerntempo und Leistungsfähigkeit der Schüler:innen zugeschnitten und Übungsphasen durch unmittelbares Feedback und gezielte Hilfestellungen besser genutzt werden. Auch im Bereich der Inklusion kann so eine bessere Teilhabe von Schüler:innen mit Beeinträchtigungen und besonderen Bedarfen ermöglicht werden. Hier könnte Estland ein Vorbild sein: Dort sind nicht nur alle Schulen seit 1999 ans Internet angeschlossen, mit digitalen Smartboards, PCs und Tablets ausgestattet, Lehrkräfte entsprechend fortgebildet, E-Learning-Unterrichtsmaterialien erstellt und Schulbücher digitalisiert worden. Ergänzende digitale Lernkonzepte, Lehrinhalte und Übungen werden in Estland zudem zentral zugelassen und von einer offenen Wissensdatenbank bereitgestellt: Hier gibt es eine einheitliche Schulplattform, in der alle Schulbuchverlage ihre Schulbuchinhalte einpflegen.
Informatorische Kompetenzen werden im Land Bremen entsprechend der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ (2016) als Querschnittsaufgabe fachintegrativ im Rahmen der Kernfächer vermittelt. Über zusätzliche Angebote werden Schüler:innen für die Beschäftigung mit informatorischen Inhalten wie Informationstechnik, Programmierung und Algorithmen sowohl im theoretischen als im praktischen Umgang damit interessiert und begeistert. Informatik kann in Bremen in der SEK II in der Einführungsphase als Wahlpflichtkurs und in der Qualifizie-rungsphase als Grund- oder Leistungskurs angewählt werden. Diese Angebote müssen ausgebaut werden, um alle Schüler:innen zu erreichen. Die Lehrkräfte müssen durch entsprechende Fort- und Weiterbildungsangebote qualifiziert werden.
Nicht nur in Bremen, bundesweit fehlen derzeit für das Fach Informatik ausgebildete Fachlehrkräfte. Deshalb sind einige Bundesländer dazu übergegangen, alternative Professionalisie-rungsstrategien zu schaffen und kurz- und längerfristige Programme aufzulegen zum Erwerb der Unterrichtsgenehmigung in Informatik als Drittfach – so hat z.B. Niedersachsen eine zweijährige Weiterbildungsmaßnahme für Lehrkräfte eingeführt, für die Teilnehmer:innen eine Deputatsreduktion erhalten. Es ist zu prüfen, ob entsprechende Programme auch in Bremen sinnvoll und umsetzbar sind. Dies gilt auch für Seiten- und Quereinstiegsmöglichkeiten für Informatiklehrkräfte, die insb. auch für Frauen und zugewanderte Personen mit verwandten Abschlüssen neue berufliche Perspektiven bieten könnten. Zu klären ist in diesem Zusammenhang auch, ob in Bremen darüber hinaus ein Bedarf an Informatik-Studienplätzen speziell für Lehrkräfte besteht.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
1. die flächendeckende Ausleuchtung mit WLAN für alle Schulen mit angemessener Bandbreite schnellstmöglich sicherzustellen und die Infrastruktur im Anschluss kontinuierlich weiter zu modernisieren;
2. die Beschaffung, den Support und die Wartung der Geräte durch eine Aufstockung des entsprechenden Personals an den Schulen sicherzustellen; hierzu sind die bisherigen Erfahrungen in den verschiedenen Supportstrukturen auszuwerten und aufgrund dieser Evaluation eine Planung für den personellen Ausbau des IT-Supports für die Schulen vorzulegen, dabei ist auch der Einsatz von studentischen Beschäftigten zu prüfen;
3. zu prüfen, wie sich die Ausstattung auch des nichtunterrichtenden pädagogischen Personals (inklusive Schulsozialarbeit und Assistenzkräften) mit dienstlichen Endgeräten im Rahmen des Leasingvertrages für Tablets sicherstellen lässt;
4. Softwarelizenzen landesweit bereitzustellen und Lehr- und Lernmittelzuwei-sungen der Schulen so aufzustellen, dass diese neben analogen auch digitale Lehrwerke beinhalten und Schulen die Anschaffung passgenauer digitaler Werkzeuge ermöglicht wird;
5. die Verzahnung der verschiedenen digitalen und analogen Möglichkeiten durch die gezielte und schulinterne Fort- und Weiterbildung für Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Fachpersonal sowie durch zusätzliche Ressourcen voranzubringen;
6. Angebote zum theoretischen und praktischen Umgang mit informatischen Inhalten wie Informationstechnik, Programmierung und Algorithmen auszubauen und Lehrkräfte durch entsprechende Fort- und Weiterbildungsangebote zu qualifizieren;
7. Angebote zu möglichen Gefahren durch die Nutzung digitaler Endgeräte und Medien, auch in Bezug auf das Risiko von Suchterkrankung; Manipulation und Radikalisierung durch die Verbreitung von Falschnachrichten, Hassbotschaften und Verschwörungstheorien sowie den problematischen Einsatz von Algorithmen, auszubauen und von Anfang an verpflichtend in den Unterricht mit einzubeziehen und regelmäßige verpflichtende Fort- und Weiterbildungsangebote der Lehrkräfte hierzu durchzuführen;
8. zu prüfen, ob berufsbegleitende Weiterqualifizierungskurse mit dem Ziel einer Unterrichtsbefähigung für das Fach Informatik mit entsprechenden Entlastungen künftig auch in Bremen umsetzbar sind und in die Prüfung auch die Übertragbarkeit des niedersächsischen Modells auf Bremen einzubeziehen;
9. zu eruieren, ob Seiten- und Quereinstiegsmöglichkeiten für Informatik insbesondere auch für weibliche und für zugewanderte Personen mit verwandten Abschlüssen auszubauen sind;
10. zu klären, ob ein Bedarf besteht, Informatik als eigenständiges Fach im Lehramtsstudium an der Universität Bremen anzubieten und ggf. in Gespräche mit der Universität über einen entsprechenden Ausbau des Studienangebots einzutreten;
11. sich auf Bundesebene für eine einheitliche Schulbuchplattform nach estnischem Vorbild einzusetzen, in dem alle Schulbuchverlage ihre Schulbuchinhalte einpflegen;
12. der Bürgerschaft (Landtag) bis zum Ende des 1. Quartals 2024 Bericht zu erstatten.
Falko Bries, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dr. Franziska Tell, Dr. Henrike Müller und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Miriam Strunge, Dariush Hassanpour, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE